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Gedanken eines Zuhörers der Gemeindevertretersitzung

Ohne Parteibrille...

Beobachtungen und Empfindungen eines Zuhörers während einer Sitzung der Gemeindevertretung.

(Anmerkung: Dies ist ein Leserbrief an uns und gibt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder)

Die amtliche Bekanntmachung über Datum und Ort der Sitzung habe ich auf der Homepage der Gemeinde gelesen und samt Tagesordnung ausgedruckt, damit ich weiß, worüber beraten und entschieden werden soll. So gehe ich mit Erwartungen zur Sitzung. Aber die Tagesordnungspunkte sind oft wenig aussagekräftig. Zur letzten Sitzung heißt es zum Beispiel: „Bauprogramm Wiederkehrende Straßenbeiträge, Anpassung der Reihenfolge“. Bei der Beratung stellt sich heraus, dass es darum geht, die Baumaßnahme Lüderberg vorzuziehen und vor der Lindenstraße durchzuführen. Das hätte sicherlich so manchen Anwohner des Lüderbergs interessiert und in die Sitzung gelockt. Aber das kann man ja nicht riechen.

Dann steht auf der Tagesordnung „Vorstellung Radwegekonzept.“ Das hat mich interessiert. Und dann wird gar kein Radwegekonzept vorgetragen. Es geht nicht um die Radwege, sondern um Zusatzbeschilderungen an den Radwegen, die auf Einrichtungen im Ort, nämlich Therme, Kurpark, Gaststätten und Ähnliches hinweisen; ein „uralter Hut“, den sich wieder mal jemand aufgesetzt hat. Als Experten hat man sich den Marketingchef der TuS geholt, und der erklärt mehrfach – nicht nur zu meiner Überraschung – dass es gar kein Konzept gebe, vielmehr müsse man zunächst mal über verschiedene Ideen nachdenken. Wie bitte? Hat da der Vorsitzende der Gemeindevertretung zusammen mir dem Bürgermeister die Tagesordnung falsch formuliert, oder hat der Marketingchef seine Arbeit nicht gemacht? Ich bin enttäuscht und frage mich, warum die Gemeindevertreter darauf nicht reagieren, warum sie diese Missachtung des Parlaments durch den Experten einfach durchgehen lassen. Das eigentliche Anliegen ist nun wieder bei der TuS und der Bürger fragt sich, ob es zwei oder gar drei Jahre dauern wird, bis endlich am Radweg ein Schild steht „Aquasalistherme.“ Aber vermutlich braucht man in zwei bis drei Jahren ein solches Schild nicht mehr, weil dann die Therme geschlossen sein wird. Ich wünsche geruhsamen Schlaf; natürlich nicht den wachen Gemeindevertretern.

Drei ! Zuhörer sind zur Sitzung erschienen. Es ist nicht einfach, der Beratung und Diskussion vollständig zu folgen. Es ist inzwischen so Sitte, dass die Diskussionen zwischen den Fraktionen vom Platz aus geführt werden und Mikrophone nicht benutzt werden. Der Zuhörer würde sich viel besser angesprochen fühlen, wenn vom Pult aus vorgetragen würde, und er würde es auch akustisch viel besser verstehen, als ein Zwiegespräch zwischen dem Fraktionsvorsitzenden der FWL mit seinem Kollegen und Tischnachbarn von der CDU. Der Vorsitzende der SPD meidet generell beharrlich das Pult und spricht, von den Zuhörern abgewandt, mit leiser Stimme zu seinen Kollegen. Na ja, es interessiert den Zuhörer auch nur wenig, wenn er der CDU vorwirft, sie würde heute noch Marschmusik hören, wenn er nicht so fortschrittlich agieren würde.

Ist dann eigentlich alles gesagt und wünscht sich der Zuhörer endlich eine Entscheidung, kommt aus der hinteren Reihe der -vom Vorsitzenden aus - rechts sitzenden Fraktion noch eine Wortmeldung, laut und gut zu hören, aber nicht immer gut zu verstehen. Und schon geht die Diskussion weiter, nicht selten mit neuen Änderungsanträgen, die für den Zuhörer nicht immer nachzuvollziehen sind, weil er ja nicht den Text des ursprünglichen Antrags kennt. Und schließlich fragt der Vorsitzende dann endlich, etwas hilflos wirkend: „Wollen wir jetzt abstimmen? Und über welchen Antrag?“

Nimmt man den Zuhörer noch ernst? Warum kommen nur noch so wenige? Weil sie oft enttäuscht nach Hause gehen.

Das Interesse an der Kommunalpolitik muss nachhaltig gesteigert werden, damit auch die Wahlbeteiligung steigt. Beteiligungen von unter 50% sind sicher nicht das, was man sich unter Demokratie wünscht.

Was kann man machen? Vieles ist möglich. Nur ein Vorschlag: Digitalisierung nutzen, Veröffentlichung der Anträge vor der Sitzung auf der Homepage in vollem Wortlaut, nicht nur in Schlagworten, und Veröffentlichung der Beschlüsse nach der Sitzung ebenfalls in vollem Wortlaut.

Und bitte etwas mehr Beachtung und Transparenz für die Zuhörer, die ja nicht die Vorlagen der Gemeindevertreter kennen. Schließlich wäre es auch gut, wenn der Zuhörer nach der Sitzung im Restaurant neben dem Sitzungssaal seiner Gemeindevertreterin oder seinem Gemeindevertreter und/oder seinem Bürgermeister bei einem Gläschen Mineralwasser oder bei einem Bierchen mal seine Meinung sagen könnte – Bürgernähe nennt man das. Dann sollte aber auch der Herr Vorsitzende der Gemeindevertretung nicht immer seinen Spielraum bis 23 Uhr voll ausnutzen, denn leider sind in Bad Salzschlirf zu diesem Zeitpunkt bereits die Lichter aus.

Ein Zuhörer

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