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Haushaltsrede 2024

FWL Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Dr. David Post in der öffentlichen Sitzung der Gemeindevertretung vom 15.02.2024

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,

bevor ich zum Haushalt komme möchte ich mich zu aller erst im Namen meiner Fraktion ganz herzlich bei allen Beschäftigten unserer Kommune für die geleistete Arbeit im vergangen Jahr bedanken.

Der Haushalt 2024: Bei schneller und oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, super, Haushalt ausgeglichen, Investitionen prinzipiell in Ordnung, kann man durchwinken.

Um es vorweg zu nehmen, um die Gemeinde für die Zukunft sicher aufzustellen bedarf es nicht nur dringend einen zielführenden und ehrlichen Haushalt, sondern auch die konsequente und vor allem sichere zeitnahe Umsetzung geplanter Investitionen. Dies ist leider nicht der Fall.

Das Verhältnis der Ausgaben für Kur und Tourismus und die dringend erforderlichen Arbeiten der gemeindlichen Infrastruktur muss neu abgewogen werden. Im Bereich Straßen, Kanal, Wasser etc. gibt es einen geschätzten Investitionsstau von 30 Millionen €.

Als eine der wichtigsten Herausforderungen sieht die FWL die Verbesserung der gemeindlichen Einnahmen. Das Gewerbegebiet steht bereits seit 10 Jahren auf der Agenda, ohne nennenswerte Fortschritte.

Würde sich die Gemeinde nicht ständig dagegen sträuben, drei-vier Windräder wären ökologisch sinnvoll und der Gemeinde würde es zügig finanziell gut tun, schneller als beim Gewerbegebiet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns wurde angepriesen, dass es keine Nettoneuverschuldung gibt. Dennoch sind die selben Verbindlichkeiten aus dem Kreditmarkt in diesem Haushalt höher als im letzten Haushalt. Ein Anstieg ohne Nettoneuverschuldung? Wie kann das sein? Der Schuldenstand „Beginn 2023“ betrug im Juni 2023 knapp 10,2 Mio€, jetzt ein halbes Jahr später ist die Summe „Beginn 2023“ um mehr als 100.000€ angewachsen. Bedeutet, wir planen mit weniger Ausgaben um den Haushalt gut da stehen zu lassen, de facto werden dann aber mehr Schulden gemacht.

Wir haben bei unserer Haushaltsplanung so viele unbedachte Kosten, dass der Haushalt am Ende noch deutlich schlechter dasteht als geplant und das obwohl sogar geplante Investitionen gestrichen wurden. Dies ist nicht nur einmal der Fall, sondern zieht sich seit Jahren wie ein Roter Faden durch, so dass der Plan-Ist-Vergleich ein millionengroßes Defizit ergibt.

Bitterer Nebeneffekt, nicht nur die Schulden steigen, sondern es werden geplante Maßnahmen gestrichen, obwohl sie im Investitionsplan standen und es teilweise auch Beschlüsse dazu gab? Was das bedeutet kann man anhand einiger Beispiele erahnen.

Die grundhafte Erneuerung der Rad- und Wanderwege war in den letzten Jahren mit 6stelligen Summen eingepreist, Bänke für Wanderwege waren im 5stelligen Bereich vorgesehen. Die Friedhofsanierungen, der sogenannte Milchpavillion im Kurpark, das Umweltzentrum, der Spielplatz Brückenstraße, das kleine Kesselhaus, diverse PV-Anlagen, was ist aus den Ankündigungen und dem Geld aus den Investitionsplanungen geworden?

Das Freibad musste geschlossen werden, die Renovierung wurde geplant und viele Zuschüsse angeworben, das Freibad wurde wieder aus dem Haushalt geworfen und jetzt wieder rein genommen. Und wo steht die Planung 5 Jahre später? Ist die Finanzierung nun wirklich sicher, nur weil es wieder drin steht?

Es gibt zusätzlich das Problem einer viel zu langen Umsetzung. Im Jahr 2017 sollte eine einfache E-Ladestation für Fahrräder und Autos erfolgen. Dies wurde auch kostenmäßig in Investitionspläne integriert, die Umsetzung dauerte bis dieses Jahr, also rund 7 Jahre für den endgültigen Abschluss.

Wir sehen schon, dass sich teilweise etwas regt, wie z.B. bei der Straßen- und Kurparkbeleuchtung, dies aber aufgrund mangelhafter Vorbereitung Jahre dauerte bis eine Linie gefunden wurde. Wiederkehrende Straßenbeiträge sind ein weiterer Punkt, grundsätzlich gut, aber die Planung sieht drei Straßenzüge vor, gemacht werden max. zwei für die gleiche Summe und das ohne gute Einbindung der Gremien und Anwohner.

Wir halten es z.B. auch für sinnvoll, den Grillplatz zu überarbeiten, was wir aber nicht wollen, ist ein Stückwerk, das keinem Gesamtkonzept folgt.

Ein funktionierendes Dorfgemeinschaftshaus wäre gut für Bad Salzschlirf. Der ursprüngliche Plan war, das Gemeindezentrum vorübergehend für Renovierung und Kita wegfallen zu lassen und dann aber zumindest in Teilen auch als Dorfgemeinschaftshaus wieder verwenden zu können. Als es 2021 absehbar war, dass es langfristig nicht der Fall sein wird, wurde nicht unserem Vorschlag gefolgt es aus der Nutzung für andere Zwecke heraus zu nehmen. Dafür werden lieber die Nachteile und Mängel im organisatorischen und pädagogischen Kita-Bereich in Kauf genommen. Diese kosten uns nun langfristig viel mehr Geld.

Auch die Möglichkeit aus dem Kulturkessel eine zumindest annehmbare Alternative zu machen ist bisher gescheitert. Es gibt hier weder die 2021 beschlossene verbesserte Mikrofonanlage, es gibt keinen adäquaten Nebenbereich, z.B. mit Küche. Auch keinen ausreichenden Schallschutz trotz Ankündigung in 03/2020 eine günstige Möglichkeit gefunden zu haben. Der Antrag aller Fraktionen zur Verbesserung stammt übrigens aus dem Jahr 2017.

Auch kleine Dinge sind wichtig für die Dorfgemeinschaft wie die gute Verwaltung des Kulturkessels. Warum muss ein Förderverein aus dem eigenen Ort Gebühren für die einmalige Nutzung zahlen? Ist das die Unterstützung für Vereine die wir wollen, wenn diese eine Weihnachtsfeier für unsere Grundschule organisieren und hinterher ihre Vereinsspenden für den Raum ausgeben müssen? Vereinsförderung geht anders. Dann soll trotz klammer Kassen einmal eine Förderung des Sports erfolgen mit einer Bewässerungsanlage und einem Mähroboter für 18.000€. Was ist da Stand der Umsetzung?

Anderes Thema: Wir benötigen nicht primär ein Neubaugebiet, sondern gut situierte Neubürger, die gerne nach Bad Salzschlirf umziehen, hier leben und z.B. in der Ried- oder Lindenstraße eine alte Villa renovieren. Unser Ansatz muss also sein, den Ort so zu verändern, dass er für diese Bürger interessant wird. Damit erhöhen wir die Einnahmenseite durch die Einkommensteuer und die Umlagen erhöhen sich. Wir werten den Kern des Ortes auf und verdichten Wohnraum. Auch sind die Wege kürzer und damit der ÖPNV attraktiver. Ich kann nachvollziehen, warum keiner vom Neubaugebiet zum Bahnhof oder in die Grundschule laufen will. Aus meiner Sicht aber langfristig wichtigster Punkt dabei: Wir können Ausgaben sparen, indem das Geld statt in neue Infrastruktur, in die Renovierung der alten gesteckt wird.

Eine weitere Sache hat ebenfalls eine doppelte Auswirkung, sowohl auf der Einkommensseite, als auch auf der Ausgabenseite. Im Vergleich zu unseren Nachbargemeinden haben wir teilweise 10% weniger Verdiener. Dies hat eine erhebliche Auswirkung auf unsere finanzielle Lage. Nicht nur, dass der Teil der Einkommensteuer geringer ausfällt, sondern auch die Ausgaben fallen deutlich höher aus.

Eine Hauptverantwortung dafür trägt auch der Landkreis. Wir haben einen hohen Anteil Sozialhilfeempfänger und auch überproportional Geflüchtete zugewiesen bekommen. Die Menschen an sich stellen nicht das Problem dar, sondern die aufzubringenden Folgekosten z.B. für die Kitas. Gleichzeitig sind die Einnahmen in der Gemeindekasse geringer. Hier muss ein Bürgermeister den Landkreis viel mehr in die Pflicht nehmen Ausgleichszahlungen von den Gemeinden mit geringerem Anteil zu fordern, insbesondere für unsere Kita-Plätze.

Ich kann auch nicht verstehen, warum es ein Jahrzehnt dauert, um die Kurgärtnerei mit dem Bauhof zusammen zu legen. Die finanziell und organisatorisch unbedingt notwendige Maßnahme wurde vor 10 Jahren auf die Agenda gebracht. 2016 wurde extra eine Kommission gebildet. Geplanter Stichtag der Zusammenführung war einmal für 01.01.2019 anvisiert. Es wurden auch externe Berater eingekauft, die sich 2017 dafür aussprachen einen Regiebetrieb zu begründen. Beschlossen wurde dann 2020 die Umsetzung einer organisatorischen Einheit zu prüfen unter Beibehaltung der bestehenden Strukturen. Und wo lässt sich dieser Plan in den jetzigen Finanzplänen und Stellenschlüsseln im Haushalt wiederfinden um es endlich umzusetzen?

Also doch wieder ein Weiter so? Wie sollen wir denn eine IKZ (interkommunale Zusammenarbeit) hinbekommen, wenn wir noch nicht einmal die Zusammenlegung eigener Bereiche innerhalb eines Jahrzehnts hinbekommen?

Es nutzt auch nichts, nur zu beteuern, wir versuchen ja die Einnahmen zu erhöhen. Man muss sich auch eine andere Frage stellen. Wir haben die höchsten Grund- und Hundesteuern im Umkreis. Andere Gemeinden können aber auch nicht immer mehr Gewerbeeinnahmen pro Kopf aufweisen. Dennoch stehen sie besser da. Wie machen die das? Alle anderen haben viele Ortsteile und nicht so einen kompakten Ortskern wie wir. Die haben es viel schwerer und teurer mit ihrer Infrastruktur. Warum machen wir dann so viel mehr Schulden und warum kommen wir nicht mit den Einnahmen aus?

Ein Punkt sind mittlerweile die Schulden selbst, insbesondere werden die Zinsen die nächsten Jahre viele Einnahmen auffressen. Der zweite Punkt sind die Tourismusausgaben, die im Gemeindesäckel leider nicht die Einnahmen im gleichen Verhältnis sprudeln lassen. Der Hauptpunkt ist aber der unverhältnismäßig hoher Personalstamm von 42 Vollzeitstellen. Laut Benchmark des Landesrechnungshofs ist dies selbst mit dem Faktor Tourismusstandort nicht zu rechtfertigen. Wo ist die zugehörige Anpassung in unserem Stellenplan?

Beim letzten Haushalt mussten wir trauriger Weise feststellen, die anderen Fraktionen vertrauen blind Bürgermeister Kübels Haushaltswerk. Der letzte Haushalt ist bemerkenswerter Weise immer noch nicht genehmigt, aber diesmal haben wir erfreulicherweise früher unsere Haushaltseinbringung. Wir haben also vor 4 Wochen in einer interfraktionellen Sitzung viele Unklarheiten zusammen mit dem Bürgermeister diskutiert. Dabei konnten auch einige Fragen beantwortet werden. Wir konnten aber auch feststellen, dass Unterlagen fehlten und Angaben noch korrigiert werden mussten.

Die vollständigen und korrigierten Unterlagen konnten aber bis zum HFA eine Woche später nicht vorgelegt werden, sodass fraglicher weise und kurzerhand die Gemeindevertretersitzung um 14 Tage verschoben wurde. Nun haben wir seit 12 Tagen die neuen Unterlagen vorliegen und konnten diese in einer erneuten Fraktionssitzung am Rosenmontag durchgehen.

Neben den inhaltlichen Bedenken vom Anfang meiner Rede bleiben für uns viele Zahlen unerklärt:

  • Der Verkauf des alten Fahrzeuges ist weiterhin beim MTF der Feuerwehr nicht enthalten.

  • Ein Zaun für 7.000€ am Kinderspielplatz? Warum?

  • Die Kosten Grillplatz im Investitionsplan widersprechen dem Vorbericht. Erklären Sie das bitte Herr Bürgermeister. Was gilt es zu beschließen, den Investitionsplan oder gilt der Vorbericht? Unabhängig davon fordern wir für den Grillplatz erst Geld auszugeben, wenn es ein Gesamtkonzept gibt und nicht Stückwerk mit 5stelligen Summen.

  • Was sind die 35.000 € für die Abwicklung ZiZ?

  • Haben wir diesmal wirklich alle Kosten bedacht? Was ist z.B. Stand der Planungskosten aus dem Thermenprojekt. Ist da schon alles bezahlt oder müssen wir wieder mit Überraschungen und Nachtragshaushalten rechnen?

Herr Bürgermeister, ich würde Ihnen ja gerne folgen, ich habe aber noch mehr Fragen:

  • Woher ergeben sich die Einnahmen Verbindlichkeiten aus Kassenkrediten?

  • Erklären Sie bitte, warum stimmen die Schulden im Rahmen von Mitgliedschaften in Zweckverbänden in den Übersichten Anfang des Jahres überein, am Ende des Jahres differiert die Summe aber um einen 6stelligen Betrag je nach Tabelle? Erklären Sie mir bitte den Unterschied.

  • Wo sind die 1,4 Mio€ aus dem Sondervermögen Hessenkasse in der Übersicht der Verbindlichkeiten zu finden?

  • Wo sind die 1,2 Mio€ Schulden im Rahmen der Beteiligung an wirtschaftlichen Unternehmen im Finanzstatusbericht zu finden? Ist das nicht entscheidend zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit unserer Gemeinde?

Erklären Sie das alles bitte, weder ich, noch meine Fraktion können das nachvollziehen. Wie soll man da eine Entscheidung treffen?

Was ist aus der Korrektur der Fehler geworden? Als Beispiel nehme ich den Parkplatz Schule Hermann-Vollrath. Dieser stand im ersten Entwurf und wir haben in der IFS hingewiesen ihn abzulehnen. Laut Herrn Bürgermeister Kübel sei dieser sechsstellige Betrag angeblich ein Fehler gewesen und sei nicht als Investition vorgesehen. In den neuen Unterlagen ist diese Summe aber immer noch zu finden. Haben wir jetzt erneut fehlerhafte Unterlagen und sollen dem trotzdem zustimmen? Oder stimmte die Aussage des Bürgermeisters aus der IFS nicht und wir müssen noch einen Änderungsantrag stellen? Egal wie, dies ist sehr unbefriedigend. Wie soll man da als Ehrenamtlicher zurecht kommen?

Unser Vorschlag, den Haushalt im März auf die Tagesordnung zu nehmen, um dann vorher die vollständigen und korrekten Unterlagen auch mit den anderen Fraktionen diskutieren zu können, ließen Sie Herr Bürgermeister mit Ihrem Vorgehen nicht zu. Mit diesen fraglichen und nicht ausdiskutieren Unterlagen müssen Sie leider auf unsere Zustimmung verzichten. Vor allem der Stellenplan und das Investitionsprogramm entsprechen nicht unseren Vorstellungen.

Auch ohne die vielen offenen Fragen müssen wir leider feststellen, dass sich scheinbar damit begnügt wird, den Haushalt irgendwie formal akzeptiert zu bekommen, um dann einfach weiter zu wursteln. Dem können wir nicht zustimmen.

Zum Schluss sei angemerkt, hier muss sich grundlegend etwas ändern. Ich denke an diesem Punkt kann man sehr deutlich erkennen, warum wir Sie, Herr Bürgermeister Kübel, bei einer erneuten Kandidatur nicht unterstützen können.

In diesem Sinne danke ich für das Zuhören und wünsche ich Ihnen allen noch einen interessanten Abend.

 

Dr. David Post

Fraktionsvorsitzender

FWL-Bad Salzschlirf

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